The Brandenburg Concertos, Selected Works


180g Vinyl LP – auf 500 Einheiten limitierte und handnummeriete Edition im Hardcovereinband

 

Die Brandenburgischen Konzerte von Bach gehören zu seinen bekanntesten Werken, geschrieben vor 1721, also vor seinem Dienstantritt in Leipzig als Thomaskantor. In diesem Jahr – oder vielleicht schon Jahre früher? – verliebt sich Bach in die blutjunge, hübsche Sängerin Anna Magdalena.
Alle Türen scheinen offen, die Welt zum Erobern nah. Bachs Werk explodiert vor Lebensfreude. Diese LP eröffnet übersprudelnd mit dem ersten Allegro aus den VI. Konzert, gefolgt vom Andante, welches wie eine Homage an Vivaldi’s Lagunenstadt Venedig erscheint, und dem fast exzessiv wirkenden Presto aus dem IV. Konzert, die A Seite endet mit dem feierlichem Schluss-Allegro, wiederum aus dem VI. Konzert. Mit dem Allegro des II. Konzerts beginnt fulminant die B Seite. Das Adagio aus dem I. Konzert lädt zum Verschnaufen ein, doch schon mit dem Allegro aus dem III. Konzert geht es furios wie in einem nicht enden wollenden Taumel weiter, Ruhe verströmt das Affetuoso aus dem V. Konzert, lebhaft schließt das Allegro aus diesem Konzert diese besondere Auswahl ab. Noch ahnt Bach nicht, dass sein Leben in Leipzig enden wird, eine Kariere wie Georg Friedrich Händel bleibt ihm versagt.
Dieses Album bricht Grenzen. Nicht nur die Auswahl ist ungewöhnlich, sondern auch die Aufnahmeweise, nur als LP (und 24 bit digital Download) erhältlich. Die so wundervoll musizierende Freitagsakademie wagt es, dieses Werk direkt auf zwei Analogspuren aufzuzeichnen. Keine Overdubs, keine aufwendige Schnitttechnik, keine Multimikrofonierung, Musik pur. Selbst die so schwierig zu bändigende Barocktrompete, gespielt von Markus Würsch, erstrahlt und glänzt, wie selten zuvor gehört.
Die Freitagsakademie musiziert ohne Dirigent. Die einzelnen individuellen Stimmen wirken in höchster Aufmerksamkeit zusammen, nehmen Themen auf, reichen diese weiter, musizieren mit- und manchmal gegeneinander, so entstehen Zwiegespräche, im wahrsten Sinne des Wortes Konzerte, und immer wieder treten fugenartige Klangkaskaden hervor. Manchmal erinnern musikalische Teile an Vivaldi, oder an französische Tonkunst, doch das ganze Werk stammt aus einer Hand, aus einem Guss. Bach schenkt uns eine mitreißende Konzertreihe aus sechs Teilen, die zwar zu unterschiedlichen Zeiten entstehen, aber in Köthen von ihm zusammengeführt werden, um sich auf Leopolds (von Anhalt-Köthen) Vorschlag beim Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt, Onkel des preußischen Königs vorstellig zu machen.
In den letzten 50 Jahren hat sich die Aufführungspraxis der Barockmusik gewandelt. Harnoncourt führt die Veränderung mit seinem Ensemble Concentus Musicus Wien an. Er schreibt Geschichte. Il Giardino Armonico und andere folgen. Grenzen werden niedergerissen, Tür und Tor aufgestossen. Diese Entwicklung eröffnet im 21. Jahrhundert der jungen Generation die Freiheit, Barockmusik vollends aus dem Museum zu befreien und den Staub der Jahrhunderte wegzublasen. Die Freitagsakademie aus der Schweiz gehört zur neuen Generation, die souverän die alten Notentexte zu ihrer neuen Musik machen. Die Achtung vor dem Werk, dem Komponisten und das Wissen, dass Musik, Zeit und Gesellschaft untrennbar miteinander verbunden sind, stehen im Zentrum. Die Umsetzung der Notentexte in Klänge kann in unserer heutigen Zeit jedoch nicht ihren Ursprung darin haben, den Versuch zu starten, Bach, Vivaldi, Lully und ihre Zeitgenossen zu imitieren, sondern neu zu interpretieren. Die Freitagsakademie spielt Bachs Brandenburger Konzerte erfrischend lebendig und vital. Kein Tempo ist jedoch zu scharf, oder wirkt gehetzt. Jeder Rhythmus überzeugt doch seinen ungekünstelten Puls, jeder einzelne Ton hat seine Bedeutung, jeder Takt atmet. Die Stimmen der so unterschiedlichen Instrumente entfalten ihre wesenseigenen Klangfarben. Der Notentext blüht auf, Bachs glückliche Jahre in Köthen werden lebendig. Die Freitagsakademie setzt in ihrer originellen Klangsprache das Wort »concerto« (einen Wortkampf führen, disputieren) nach der ursprünglichen Bedeutung um. Die Musik der Freitagsakademie ist eine wahre Freude, dieses Ausnahmeensemble lässt diesen Notentext neu erleben.
 Die Freitagsakademie verzichtet auf digitale Mehrspurtechnik. Der authentische Raumklang der Musik wird mit zwei Kugelmikrophonen direkt auf ein analoges Stereo-1/4 Zoll-Magnetband aufgezeichnet. Diese Kugelmikrophone bilden den Ensembleklang unverfälscht ab. Gerade weil die natürliche Entfaltung der Klangquellen im Raum ohne Begrenzung aufgezeichnet wird, behält so jedes Instrument seinen bestimmten Ort. Die Stimmen des Ensembles vom Cembalo, über Barocktrompete, Flöte, Oboe, Cello bis zur Piccolo Geige zeichnen sich klar ab, behalten ihre Klangvielfalt und Kraft. Mit dem Einsatz analoger Aufnahmetechnik wird nicht nur Wert auf den audiofilen Klang gelegt, sondern auch auf tausendfach mögliche Manipulationen durch Digitalschnitt verzichtet. Das Moment der Aufnahme rückt wieder ins Zentrum. Wie ein Autor oder Komponist, der mit einem Füllfederhalter und nicht mit einem Computerprogramm schreibt, so verzichtet auch die Freitagsakademie bewusst auf digitale Austauschbarkeit. Die Musik der Freitagsakademie entsteht im Rausch der höchsten Konzentration, so wie ein außergewöhnliches Konzerterlebnis unter besten Bedingungen an einem besonders geeigneten Ort.
Aus Bachs Six Concerts Avec plusieurs instruments, den sogenannten Bandenburgischen Konzerten, liegt hier meine persönliche Auswahl vor. Eine ungewöhnliche Zusammenstellung, die die Vielfalt der unterschiedlichen Besetzungen und die Klangfarben und -rhythmen dieser Kompositionen hervorhebt.

 

- Stefan Winter


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