Telemann at Café Zimmermann


Konzert im Café Zimmermann

War J. S. Bach die Musik schon durch seine Familie in die Wiege gelegt worden, musste Georg Philipp Telemann, ähnlich wie Händel, sich den Musikerberuf erkämpfen. Die Telemanns waren Akademiker: Da mochte der Knabe so talentiert sein, wie er wollte, die Familie wünschte sich alles andere für ihn als die damals für viele mit dem Ruch des Gauklerhaften behaftete Lebensbahn eines Musikers. Jurist sollte er werden, und so begann er 1701, mit 20 Jahren, ein Jurastudium an der Universität Leipzig.
Leipzigs kulturbegeistertes Bürgertum förderte ein blühendes Musikleben: Seit 1693 besaß die Stadt ein Opernhaus; das Amt des Thomaskantors versah – stilistisch etwas altbacken und überdies kränklich – Johann Kuhnau, nicht ganz zur Zufriedenheit der Leipziger Musikliebhaber. Da kam der junge Herr Telemann wie gerufen; er schrieb Musik im neuesten Stil und war überdies ein umgänglicher Mensch – musikalische Aktivitäten überwogen bald seinen Studieneifer. 1702 wurde er zum Direktor des Opernhauses berufen, und auch im Feld des Thomaskantors wilderte der Jungspund. Zu seinem Verdruss musste Kuhnau erleben, dass auf Anweisung der Obrigkeit alle vierzehn Tage eine Kantate aus Telemanns statt aus seiner Feder im Gottesdienst erklang.
Als besonders erfolgreich erwies sich ein aus vierzig Studenten bestehendes Ensemble, das er 1701, alsbald nach seiner Ankunft in Leipzig, gründete. Das „Telemannische Collegium Musicum“ hatte mit den Vorgängerensembles, die in Leipzig schon seit Mitte des 17. Jahrhunderts bestanden hatten, wenig gemein: Vierzig Mitglieder waren für damalige Zeiten ein stattliches Orchester, und Telemann wusste seine Musiker zu begeistern. Vielfältig waren die Einsatzmöglichkeiten, man spielte in der Oper, wirkte bei Kirchenmusiken mit und veranstaltete – hier wirkte der umtriebige Telemann als Impresario – zahlreiche öffentliche Auftritte, winters in Caféhäusern, zur Sommerzeit in Gartenanlagen.
Telemanns Leipziger Zeit war schon nach drei Jahren zu Ende: Er hatte sich von seiner Mutter die Anerkenntnis seines Musikerberufes ertrotzt und trat 1704 als Kapellmeister in den Dienst von Balthasar Erdmann Graf von Promnitz, der in seinem Schloss in Sorau (Niederlausitz) ein fürstliches Hofleben führte. Sein Collegium Musicum blieb indes bestehen, und 1723 kam Gottfried Zimmermann, umtriebiger Besitzer des größten und schönsten Cafés der Stadt, auf den Gedanken, die erfolgreichen Veranstaltungen an sein Lokal zu binden. So fanden „bei Herrn Gottfried Zimmermann, Sommers-Zeit Mittwochs im Garten, von 4 bis 6 Uhr, und Winters-Zeit Freitags im Caffee-Hause auf der Catharinen-Straße, abends von 8 bis 10 Uhr“ Konzerte mit dem Collegium Musicum statt, zu denen Georg Philipp Telemann 20 Jahre zuvor die Saat gelegt hatte.

— Detmar Huchting

Selten klingen Oboen und Streicher mit Continuo so lustvoll wie bei Georg Philipp Telemann. Das schweizer Ensemble Die Freitagsakademie lässt Ouvertüren, Sonaten, Konzerte und Trios glänzen. In Erinnerung an das Café Zimmermann in Leipzig, wo Telemanns Collegium Musicum Musikgeschichte geschrieben hat, nimmt Die Freitagsakademie ihre Hommage an den wohl heute am meisten unterschätzten Komponisten der Barockzeit. Man darf nicht müde werden, zu betonen, dass Georg Philipp Telemanns Schaffen dem seiner Zeitgenossen Händel und Bach in nichts nachsteht, ja sie in ihrer Brillanz und ihrem Humor oft übertrifft. Er ist ein Erneuerer, der sich immer wieder wandelt und immer wieder lief er gerade in seiner Instrumentalmusik zu Höchstform auf. Telemann versteht es, in Tönen hintergründige, aber auch witzige Geschichten zu erzählen und sein Publikum zu begeistern. In seinen Kompositionen parodiert er machmal besonders ausgeprägte Charaktere, wie man es so herrlich in „Les Irresoluts“ („Die Unentschlossenen“) erleben kann. Katharina Suske, Leiterin des Ensembles Die Freitagsakademie stellt nicht nur das Programm, sondern auch die Zusammensetzung der Musiker für das Album „Telemann at Café Zimmermann“ zusammen.

Katharina Suske, Künstlerische Leitung, Oboe, Oboe d’amore
Im Zentrum ihres vielfältigen Wirkens als Musikerin, Kulturschaffende und Musikvermittlerin steht die Arbeit im Ensemble Die Freitagsakademie, die sie 1993 in Bern mit musikalischen Freunden gründet. Hofkomponisten Johann Gottlieb Janitsch, der im 18. Jahrhundert die erste bürgerliche Konzertreihe mit seinen „Freitagsakademien“ ins Leben ruft, wird mit seiner damals so ungewöhnlichen Aktivität zum Namensgeber. Katharina Suske studiert in Graz, Wien, Mailand und Den Haag bei Ku Ebbinge, Hans Peter Westermann und Pedro Memelsdorff. Mitwirkung in vielen namhaften Ensembles für Alte Musik wie Akademie für Alte Musik Berlin, Venice Baroque, I Barrocchisti, Wiener Akademie, Opernorchester Zürich La Scintilla, London Baroque. 2002 längerer New York-Aufenthalt als Stipendiatin des Kantons Bern. Pädagogische Tätigkeit, Meisterkurse bei der Austria Barockakademie Gmunden.
Stefano Vezzani, Oboe
Nach seinem Abschluss in moderner Oboe studiert Stefano Vezzani Barock-Oboe mit Paolo Grazzi, Ku Ebbinge und Marcel Ponseele. Spezialisierung auf Renaissance - Doppelrohrblattinstrumente. Spielt im Ensemble mit Lawrence Alpert (Genf). Abschluss «cum laude» in Musikwissenschaft (Universität Bologna) mit einer Arbeit über Renaissance - Doppelrohrblattinstrumente. Tritt in Europa, Korea, Japan, Mexiko, Ukraine und Uruguay mit Dirigenten wie Garrido, Goodman, Koopman, Kuijken, Malgoire, Minkowski und Savall auf.

Gilles Vanssons, Oboe
Gilles Vanssons spielt zunächst Gitarre, verlässt dieses Instrument jedoch schnell, um sich auf die Oboe zu konzentrieren. Er beginnt eine Reihe von Studien, die ihn zum Konservatorium von Lyon, Saint Etienne führen, wo er den ersten Preis der Virtuosität erhält. 1992 wird er zum 1. Oboe im Genfer Kammerorchester ernannt und entscheidet sich einige Jahre später, sich der Aufführungspraxis für alte Instrumente zu nähern. Von da an verfolgt er eine Karriere als zeitgenössischen und Oboisten der alten Musik. Er arbeitet mit zahlreichen herausragenden Barockorchestern Europas. Seit 2013 lehrt er an der Musikuniversität in Genf.

Gabriele Gombi, Fagott
Gabriele Gombi studiert am Konservatorium in Reggio Emilia (Italien) bei Franco Fusi, wo er 2004 mit maximaler Punktzahl sein Diplom erwirbt. 2007 beendet er sein Studium bei Sergio Azzolini mit Auszeichnung. Er gewinnt als Solist erste Preise an nationalen und internationalen Wettbewerben und ist in verschiedenen Orchestern als Solofagottist tätig. In den letzten Jahren entdeckt er seine Leidenschaft für das Barock- und klassische Fagott. Er spielt im «La Cetra» Barockorchester Basel und arbeitet mit Venice Baroque Orchestra, Giardino Armonico und dem Ensemble Die Freitagsakademie. Seit einem Jahr hat er eine Dozentur für Fagott am Conservatoire de Neuchâtel.

Ilia Karol, Violine
Der in Kiew / Ukraine geborene Geiger und Dirigent ist ein international gefragter Spezialist auf dem Gebiet der alten Musik. Seit 1997 lebt er in Österreich, wo er im Jahr 2001 die österreichische Staatsbürgerschaft für seine musikalischen Leistungen verliehen bekam. Ilia Korol ist als Konzertmeister und Solist verschiedenster Orchester tätig: der Wiener Akademie, von Musica Angelica L.A. (USA), des Bach-Ensembles von Joshua Rifkin und des spanischen Barockorchesters RCOC. Außerdem ist er Ensemblemitglied bei Ars Antiqua Austria und des Clemencic Consorts.
Er arbeitet regelmässig als Konzertmeister und Solist mit dem Ensemble Die Freitagsakademie zusammen.
David Drank, Violine
David Drabek ist Konzertmeister der Wiener Akademie mit ihrem Dirigenten Martin Haselböck. Darüber hinaus gehört Drabek zur Stammbesetzung des Bachconsort Wien, des Kammerorchesters für Alte und Neue Musik moderntimes 1800, der Austrian Baroque Company und des Wiener Kammerensembles Prisma. Daneben wirkt Drabek im Concentus Musicus Wien, im Balthasar-Neumann-Ensemble und als Gast-Konzertmeister im Kammerorchester Basel.
Er ist Gründungsmitglied des auf Alte Musik fokussierten Ensemble Delirio. Seine Begeisterung auch für Neue Musik realisiert David Drabek als Gast in zahlreichen Produktionen des Klangforum Wien.

Katie Viel, Bratsche
Nach erfolgreichem Abschluss des Violinstudiums in Toulouse tritt sie 2008 in die Klasse von P. Genêt an der Hochschule Genf ein. Zugleich studiert sie Barockvioline bei Florence Malgoire. 2012 beginnt sie ein Masterstudium bei Amandine Beyer an der Schola Cantorum Basel. Unter anderem spielt sie in Akademien mit Kuijken, Niquet, Koopman, Glodeanu, Herreweghe und Benzouidenhout. Sie konzertiert mit dem Ensemble Elyma, der Chapelle Rhénane, dem Orchestre de la Montis Regalis, der Parlement de Musique und ist Mitglied des Ensemble Abchordis.

Jam Krigovsky, G-Volone, 16’ Violone
Engagements bei der Slowakischen Philharmonie Bratislava, dem Orchester des Stadttheaters Bratislava und bei der Bruckner Philharmonie Linz. Mitwirkung bei den Originalklangorchestern Wiener Akademie, Orpheo Barock Orchester Linz, Kammerorchester Basel, beim Emseble Die Freitagsakademie und dem Royal Orquestra Catalunia unter Jordi Savall. 2012 Gründung und Leitung des Ensembles Collegium Wartberg (Kammermusik in verschiedenen Besetzungen) und der Bass Band Krigovsky. Auftritte bei wichtigen Festivals im In- und Ausland, u. a. beim Prager Frühling, den Wiener Festwochen, den Salzburger Festspielen und den Münchener Festspielen. Mitglied bei Rafael Catala Trio (Jazz Ensemble) und beim Alea-Bratislava-Piazola Quartett. Zahlreiche Konzerte im Bereich authentischer slowakischer Volksmusik.

Jermaine Sprosse, Cembalo
Der Instrumentalist, der gleichermassen Cembalo, Clavichord und Fortepiano spielt, gilt als einer der herausragenden Interpreten der Musik von CPE Bach. Es ist ihm ein Anliegen, sich mit der Literatur des galanten Zeitalters, vornehmlich der Musik der Bach-Söhne und deren stilistischem Umfeld auseinanderzusetzen und mit neuen Interpretationen aufzuführen. Er arbeitet mit Lautten Compagney, Ensemble Oriol, Solistenensemble Kaleidoskop und tritt regelmässig mit renommierten Künstlern wie Maurice Steger, Jörg-Andreas Bötticher und Miriam Feuersinger als Kammermusikpartner auf.


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