Down Deep


Dogma: Alle Arten digitaler Effekte, digitaler Datenträger und Bearbeitung sind ausgeschlossen. Im Zentrum des Werks steht der einmalige Moment der Aufnahme; die Realisation des reinen Analogklangs ohne digitale Manipulation. Ich empfinde es so, daß eine digitale Aufnahme der Verwendung eines Computers beim Schreiben eines Textes gleicht. In dem Moment, in dem ich mit Hilfe des Computer Texte verfasse, bin ich mir bewußt, daß alles austauschbar und korrigierbar ist. Allein die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung wirkt sich auf meine Gedanken und den Inhalt aus. Der Gebrauch eines Füllfederhalters beeinflußt nicht nur den Fluß der Arbeit, sondern zeigt auch die persönliche Handschrift des Autors. In gleicher Weise verändert analoge Produktion nicht nur den Entstehungsprozeß und seine Reinheit, sondern ermöglicht auch einen einzigartigen Klang. Ich glaube, unverfälschter, analoger Klang spricht unseren Körper und unsere Sinne direkt an. Die Hörerfahrung unterscheidet sich. Diese Wahrnehmung kann im Grunde damit verglichen werden, ob man ein Originalgemälde oder eine Kopie desselben betrachtet. Das Original bietet eine sinnliche und physische Kunsterfahrung an.

Seit den Anfängen von Winter & Winter, hat der holländische Cellist, Komponist und Performancekünstler Ernst Reijseger zahlreiche Alben und Soundtracks mit dem Label aufgenommen. Ernst Reijseger und das Team von Winter & Winter können auf eine langjährige, enge und fruchtbare Zusammenarbeit blicken (siehe www.winterandwinter.com). Jedes Album hat eine eigene Geschichte und Identität. Ernst Reijseger, der Magier besonderer Klänge, hat sowohl Solowerke präsentiert als auch unterschiedlichste Gemeinschaftsprojekte, so mit den Voches de Sardinna, Groove Lélé von Réunion, dem Nederlands Kamerkoor und der wunderbaren Stimme Senegals, Mola Sylla.

 

Im Mai 2012 kamen Ernst Reijseger, der Sänger Mola Sylla und der Jazzpianist Harmen Fraanje zusammen, um »Down Deep« aufzunehmen. Mola Sylla, der aus Dakar stammt, traf Ernst Reijseger zum ersten Mal Ende der 80er Jahre nachdem er seine ersten Konzerte in Amsterdam gegeben hatte. Seit dieser Zeit lebt Mola Sylla in Amsterdam. Zehn Jahre nach ihrem ersten Treffen schlug Mola Sylla Ernst Reijseger vor, als Duo zu konzertieren. Dies war der Beginn einer beeindruckenden musikalischen Partnerschaft. 2002 nahmen Ernst Reijseger und Mola Sylla das Album »Janna« für Winter & Winter auf.

Der gemeinsame Weg mit dem niederländischen Pianisten Harmen Fraanje fand 2008 seinen Anfang. Als Ernst Reijseger 2009 und 2010 Filmmusik für Werner Herzog aufnahm (»Cave of Forgotten Dreams«) gehörten Mola Sylla und Harmen Fraanje bereits zum Ensemble.

Ernst Reijseger, Mola Sylla und Harmen Fraanje formen einen Klangkörper. Auf »Down Deep« präsentieren sich alle drei Musiker, mit Ausnahme von Puccinis "E lucevan le stelle", als Komponisten, so daß sich ihr künstlerisches Vokabular in homogener und natürlicher Weise miteinander verbindet.

Um den wahren Aufnahmemoment festzuhalten, habe ich Reijseger, Fraanje, Sylla gebeten, dieses Album live-to-analog-two-track aufzunehmen, ohne digitalen Schnitt oder andere digitale Veränderungen. Nur ausgewählte Mikrophone wurden verwendet, um die Musik ohne Bearbeitung auf das analoge Band aufzuzeichnen.

 

»Down Deep« bringt musikalische Elemente und Spieltraditionen höchst verschiedener kultureller Horizonte zusammen. Reijseger, Fraanje, Sylla kreieren einen unnachahmlichen und beeindruckenden Klang, der den einzigartigen Charakter und die Kultur jedes einzelnen Ensemblemitglieds hervorhebt.

Weder digitale Bearbeitung, noch digitaler Hall oder andere Effekte wurden während der Aufnahmesession angewandt. Winter & Winter verbindet hohe Musikalität mit feinster analoger Aufnahmetechnik. Im letzten Schritt des Aufnahmeprozesses wurde das analoge Master mit einem hochwertigen Analog-Digital-Converter zu einem digitalen Signal für die CD gewandelt. Die Compact Disc garantiert den besten High Fidelity-Klang und Musik. Jeder Hörer, der die rein analoge Aufnahme hören möchte, kann dies mit der 180g Vinyl-Ausgabe tun, die weltweit in einer auf nur 500 Stück limitierten und handnummerierten Auflage erscheint.

– Stefan Winter

 

Über die Lieder:

Ernst Reijseger hat das Stück "Elena" für einen Film von Martijn Maria Smits geschrieben, in dem es um eine illegal zur Prostitution gezwungenen Frau geht, später erschien der Film unter dem Titel "Under the weight of clouds". Für die Trio-Aufnahme schreibt Mola Sylla einen Text mit der Botschaft, daß Gespräch besser ist als Streit. Er erzählt die Geschichte von Salamane, der Frieden zwischen den Menschen bewirken kann.

"M'br" hat den wichtigsten Sport Senegals zum Thema, "La lutte", eine Art Sumo-Kampf. Wenn die Ernte nach der Regenzeit eingebracht ist, kommt die Zeit der Ruhe, des Genießens und der Unterhaltung, die Zeit für "La lutte". Es kann überall auf einem trockenen und sandigen Platz ausgetragen werden, mit der richtigen Atmosphäre und den Musikern, die die Kämpfer mit ihren Rhythmen anfeuern.

In "Amerigo" wird das "Geheimnis" der Zukunft durch die Worte der Vorfahren offenbart.

"Hemisacraal" erzählt die Geschichte eines Reisenden, der einen langen Weg in das Universum unternimmt. Er läuft bis Wasser und Nahrung aufgebraucht sind, aber den Weg zurück nach Hause findet er nicht. Schließlich fragt er einen der Sterne um Zuflucht und ist seitdem dort geblieben.

"Ana" ist ein Liebeslied über einen verlassenen Mann, der auf die Rückkehr seiner Frau Ana hofft, da sein Herz sich einsam fühlt.

»Down Deep« bezieht sich auf die fünfte (tiefste) Seite auf Ernst Reijsegers Cello, das extra für ihn angefertigt wurde. Mola Sylla besingt den Kampf von Worten zwischen Jung und Alt, den nie endenden Antagonismus zwischen den Generationen.

Ein kleines Mädchen vor Tränen zu bewahren ist das Thema von "Her Eyes".

 

Über die Musiker:

Ernst Reijseger (geboren in Naarden, Niederlande, 1954) begann im Alter von acht Jahren mit dem Cellospiel. Er studierte klassische Musik bei Jan Olivier, Anner Biljsma und René van Ast. In der Mitte der siebziger Jahre verließ er die klassische Musikszene und ging seinem Interesse für die improvisierte Musik und dem Jazz nach. Sein Mentor Anner Biljsma ermutigte ihn dazu, seiner Berufung zu folgen.

In den Folgejahren spielte und arbeitete er im Studio mit Derek Bailey, Alan "Gunga" Purves, Franky Douglas, Trilok Gurtu und Yo Yo Ma (um nur einige zu nennen). Er war Mitglied des Theo Loevendie Consort, des Guus Janssen Septet, des Arcado String Trio, des Trio Clusone mit Michael Moore und Han Bennink, in Misha Mengelbergs Instant Composers Pool, des Gerry Hemingway Quintet und des Trios mit Trompeter Eric Vloeimans und Gitarrist Anton Goudsmit. 1985 erhielt er den Boy Edgar Preis und 1995 den Bird Award beim Northsea Jazz Festival.

 

Über die Jahre hat Ernst Reijseger seine außergewöhnlichen Solo-Auftritte entwickelt und für seine Programme selbst komponiert. Seine beiden Solo-Alben »Colla Parte« (1997) und »Tell Me Everything« (2008) wurden von der internationalen Presse begeistert aufgenommen. Der All Music Guide (4 Sterne) schreibt über »Tell Me Everything«: "… die Musik wird von schnellen Verzierungen unterbrochen, die die vielen Möglichkeiten des Cello ausschöpfen. Es gibt zum Beispiel Passagen mit Handperkussion auf dem Instrumentenkörper und Modern Jazz Rhythmus und freie Varianten des Jazz scheinen generell wichtige Komponenten der Musik zu sein. […] Tonal bedient sich die Musik weitreichender Harmonien; sie hat klare tonale Zentren. Der Jazz-Einfluß ist aber keineswegs extrem: zu hören sind auch Echos von Bachs Solo-Cellomusik, romantisch-virtuoser Musik und von Minimalismus. Reijseger macht die gleiche Sache niemals doppelt und die Stücke ähneln sich kaum, was eine beachtliche Leistung ist für ein Album mit Solo-Cellomusik. Der Klang, in einem mittelalterlichen toskanischen Kommende-Gebäude aufgenommen, ist magisch." 2010 wurde Ernst Reijseger mit dem renommierten Edison Award ausgezeichnet, einem der wichtigsten niederländischen Musikpreise.

 

Ernst Reijseger arbeitet mit dem italienischen Pianisten Franco d’Andrea, dem französischen Klarinettisten und Saxophonisten Louis Sclavis, dem norwegischen Akkordeonisten Stian Carstensen, dem russischen Pianisten Simon Nabatov, dem Amsterdam String Trio, dem senegalesischen Sänger Mola Sylla, den sardischen Tenores e Cuncordu de Orosei, dem schottischen Multi-Instrumentalisten Alan "Gunga" Purves und der Gruppe Groove Lélé von der Insel Réunion zusammen. Ernst Reijseger komponiert und nimmt Musik für zahlreiche andere Filme auf.

 

Sänger, Perkussionist und Komponist Mola Sylla (geboren 1956 in Dakar, Senegal) wuchs in der Hauptstadt Dakar mit der Tradition der "Griots" auf. Sie spielen als Dichter, Sänger oder Instrumentalisten, die mündlich die Geschichte tradieren, eine wichtige Rolle in der Kultur Westafrikas. Es ist dieses große und reiche Erbe, das die Quelle und Inspiration für Mola Sylla als Sänger und Musiker ist. Nach Europa kam Mola Sylla in den 80er Jahren zum ersten Mal mit seiner Gruppe Senemali. Seit 1987 lebt er in Amsterdam. In den Niederlanden traf er auch Cellist Ernst Reijseger. Beide pflegen seit dieser Zeit eine enge und fruchtbare künstlerische Partnerschaft.

Mola Sylla singt überwiegend in Wolof, der Hauptsprache des Senegal, die neben Französisch auch heute noch von über 90% der Senegalesen gesprochen wird.

In seinen Liedtexten reflektiert er die Umstände des Kolonialismus und erzählt die Geschichte seines Volkes. Mola Sylla spielt viele traditionelle afrikanische Instrumente, wie z.B. M'bira, Kongoma und Xalam und läßt damit seine ganz persönliche Klangwelt entstehen. Sein Gesang, seine Rhythmen und Melodien sind von der Tradition der afrikanischen Kultur durchwoben.

 

Harmen Fraanje (geboren in Roosendaal, Niederlande, 1976) fing im Alter von sechs Jahren mit dem Klavierspiel an. Er studierte Jazzpiano und Improvisation an den Konservatorien von Tilburg und Utrecht. Noch während des Studiums spielte er mit führenden niederländischen Jazzmusikern wie Eric Vloeimans, Anton Goudsmit, Hans van Oosterhout and Hein van de Geijn. 2007 wurde Harmen zum Jung-VIP der holländischen Jazzclubs gewählt, was ihm die Möglichkeit zu einer ausgedehnten Tour mit der Band Aneris mit Michael Moore, Brice Soniano and Toma Gouband eröffnete. Im Rahmen einer "Carte Blanche" des Mundial Festival Tilburg 2008 lud Harmen Fraanje Ernst Reijseger und Mola Sylla an seine Seite – der Anfang des Trios Reijseger, Fraanje, Sylla.


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